Auf der Rückseite ist ein altes mit schwarzer Farbe aufgetragenes Monogramm „A. O.“ freigelegt worden. Dabei handelt es sich wohl um eine Sammlungsbezeichnung.
Beigegeben eine Expertise von Prof. Riccardo Lattuada, Rom, 12. Oktober 2022, in Kopie.
Wie in den meisten der Werke Giordanos zeigen sich die dargestellten Figuren auch hier dicht gedrängt, was der Szene insgesamt eine hohe Dramatik verleiht. Das Werk weist in die letzte Schaffenszeit Giordanos, nach dessen Rückkehr aus Madrid, wo er 1692-1702 am königlichen Hof gewirkt hatte. Diese Spätphase wurde von Giuseppe Scavizzi eingehend beschrieben (s. Lit.). Die malerische Qualität, die gerade den Werken dieser Periode anzuerkennen ist, zeigt sich auch in dem vorliegenden Gemälde:
Der im Bibeltext beschriebene „Fall unter dem Kreuz“ ist hier mit dem weiteren Thema – der „Darreichung des Schweißtuches“ durch Veronika – vereint worden. Diese Verschmelzung zweier Themen steigert die dramatische Wirkung des Geschehens. Die Kühnheit des Bildaufbaus zeigt sich in der klaren Komposition, die sich aus dem scheinbar verwirrenden Menschengefüge herauslöst: in flacher Diagonale liegt der Kreuzbalken im Bild, die Gegenbewegung zeigt sich im senkrecht auf einen Stein gestützen Arm Christi. Diesen Bewegungsrichtungen folgen die weiteren Bildelemente. Der Caravaggismus ist in dem dunklen Hintergrund, der Manierismus im aufgelichteten Kardinalrot des Mantels Christi zu sehen. Veronika erscheint links im Bild nahezu beiläufig, bei genauer Betrachtung ist sie jedoch die einzige Figur, die sich Jesus zuwendet. Das Thema hat Giordano bereits um 1682/85 behandelt: jenes Gemälde (Uffizien, Florenz) zeigt die Szene allerdings im Querformat, jedoch noch ohne die Dramatik des vorliegenden Bildes.
Anmerkung:
Unbestritten zählt Giordano zu den bedeutendsten Erscheinungen Neapels im 17. Jahrhundert. Seine Werke werden in Palästen und Kirchen Italiens, als auch in Museen weltweit bewundert. Als Sohn eines Kunsthändlers und Malers aus Apulien erhielt er ersten Unterricht beim Vater. Wahrscheinlich war er auch Schüler des Jusepe de Ribera (1588/91-1652). Die Themenbreite in seinem Werk zeigt Einflüsse der Caravaggisten, später aber auch der Maler Pietro da Cortona (1596-1669), Mattia Preti (1613-1699) oder Peter Paul Rubens (1577-1640). Teilweise sind auch Einflüsse der Venezianer wie Veronese (1528-1588), Tizian (1485/89 -1576) oder Tintoretto (1560-1635) spürbar. Als Schüler von Ribera wirkte er in Rom unter Pietro da Cortona (1596-1669), wurde alsbald durch zahreiche Aufträge geehrt, um Paläste und Kirchen mit Fresken und Ölbildern auszustatten. In schneller Malweise geübt, fanden die Zeitgenossen seinen Beinamen „Fa presto“. Er war fähig, mehr Werke zu schaffen als seine Kollegen. 1690 wurde er nach Spanien berufen, wo er unter Karl II dreizehn Jahre wirkte und zum Ritter ernannt wurde. In dieser Zeit entstanden seine besten Arbeiten, unter anderem in der Kirche San Lorenzo in Escorial.
Literatur:
Vgl. Oreste Ferrari & Giuseppe Scavizzi, Luca Giordano. L'opera completa, Bd. 2, Neapel 2000.
Vgl. Achille Della Ragione, Scritti sulla pittura del Seicento e Settecento napoletano, Bd. 3, Neapel 2018, S. 12 f.
Vgl. Bernardo De Dominici, Vita del Cavaliere D. Luca Giordano, pittore napoletano, in: Vite de' pittori, scultori ed architetti napoletani, Bd. 3, Neapel 1729. (1441113) (4) (11)
Luca Giordano,
also known as “Fa Presto”,
1634 Naples – 1705 ibid.
CHRIST FALLING UNDER THE CROSS – WITH VERONICA AND THE VEIL
Oil on canvas.
102 x 75 cm.
An old monogram “A. O.”, painted in black, has been uncovered on the reverse. This is likely a collection designation.
Accompanied by an expert's report by Professor Riccardo Lattuada, in copy.
The work dates from Giordano's late creative period, following his return from Madrid, where he served at the royal court between 1692 and 1702. This final phase of his career has been thoroughly documented by Giuseppe Scavizzi (see literature). The painterly brilliance characteristic of Giordano's late works is clearly evident in this painting. Here, the biblical scene of the Fall under the Cross is combined with the broader subject of Veronica's presentation of the veil. This fusion of two distinct subjects intensifies the dramatic effect of the event. Giordano had previously explored this subject around 1682-85 in a painting now held at the Uffizi, Florence. That earlier version, shown in landscape format, lacks the dramatic tension found in the present work.
Literature:
cf. Oreste Ferrari and Giuseppe Scavizzi, Luca Giordano. L'opera completa, vol. 2, Naples 2000.
Achille Della Ragione, Scritti sulla pittura del Seicento e Settecento napoletano, vol. 3, p. 12f., Naples 2018.
Bernardo De Dominici, Vita del Cavaliere D. Luca Giordano, pittore napoletano, in: Vite de' pittori, scultori ed architetti napoletani, vol. 3, Naples 1729.